Nachruf Dr. Hans Helmut Stoiber †

Stoiber + Hans HelmutVor vielen Jahren galt er bereits als einer der intimsten Kenner und wichtigsten Rezitatoren von Franz Stelzhamers Mundartgedichten. Mit ihm hat der Stelzhamerbund im Jänner 2015 einen seiner Besten verloren: Dr. Hans Stoiber, Jurist und Naturschutz-Sachverständiger, starb im 96. Lebensjahr. Bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin hatte er als 17-jähriger Gymnasiast mit seinem Sonett „Der Diskus“ die Bronzemedaille für Lyrik errungen. Sein Gedicht, mit dem er die Preisrichter beeindruckt hatte, wurde in der großformatigen Berliner „Olympia Zeitung“ veröffentlicht.

Hans Helmut Stoiber, geboren am 11. Oktober 1918 in Zell am See, wuchs in Raab (Bezirk Schärding) auf und besuchte dort die Volksschule, dann das Stiftsgymnasium Kremsmünster. 1936, nach der Matura  und den Olympischen Spielen, begann er das Rechtsstudium, promovierte 1941, wurde nach dem Krieg Richter und Staatsanwalt in Oberösterreich und Salzburg, schließlich Rechtsanwalt in Linz. Neben seinem Brotberuf war Dr. Stoiber ein begeisterter Biologe, Botaniker. Er gründete das „Naturschutzbüro Linz“ und war ständiger Konsulent der Nationalparkkommission Hohe Tauern. Das Land Oberösterreich ehrte ihn mit dem Umweltschutzpreis, er wurde Professor h.c. und Konsulent für Umweltfragen. Internationale Anerkennung bedeuteten die Ernennung zum Mitglied der „Weltkommission für Schutzgebiete“ („World Commission on Protected Areas“, WCPA) und die renommierte Toeper-Medaille der Föderation der Natur- und Nationalparke Europas.
Als Naturliebhaber verfasste Hans Stoiber Pflanzen- und Wanderführer, er schrieb Puppen- und Laienspiele, seine literarische Liebe blieb aber die Lyrik, die ihm auch zu olympischen Ehren verholfen hatte.

Kunst als Olympiadisziplin
Kunstwettbewerbe wurden bei den Olympischen Spielen von 1912 bis 1948 ausgetragen. Die Idee hatte Pierre de Coubertin, der Begründer der modernen olympischen Bewegung. Sein großes Ideal war die Förderung von geistiger und körperlicher Gesundheit. Er wollte Kunst mit Sport verbinden und schlug deshalb vor, bei den Olympischen Spielen gleichberechtigte Sport- und Kunstwettbewerbe durchzuführen. Alle eingereichten Kunstwerke in den fünf Bereichen Architektur, Literatur, Musik, Malerei und Bildhauerei mussten dabei vom Sport inspiriert sein. Lyrik-Olympiasieger 1936 wurde der Deutsche Felix Dhünen mit dem Gedicht „Der Läufer“, Silber ging an Italiener Bruno Fattori für „Profili Azzurri“, Bronze errang Hans Helmut Stoiber mit „Der Diskus“.

Der Diskus
Von Hans Helmut Stoiber

Die rasche Scheibe flog von meiner Hand, –
wie sie die schnelle Bahn zur Sonne sandte,
wie sie sich steilen Flugs zur Erde wandte
und hell hinschlagend furchte leicht den Sand.

Ich nahm sie auf und sah sie prüfend an –
wie an dem blanken Rand die Körner klebten!
Als ob hier tausend kleine Tiere lebten!
Ich stand und stand, und Staunen kam mich an.

Wie doch an alles, was zum Himmel strebt,
vom Himmel kommt, sich hängt der Erde Tand –
und dass an allem Staub und Asche klebt!

Ich wische über diesen Eisenrand
und streife ab den Schmutz mit meiner Hand,
die mir dabei ganz leise, leise bebt …