“Aida”

Von Karl Kriechbaum

Mir schreibm ’s Jahr neunzehnzwoarafuchzg. Fruahjahr is’s und ’s ganze Landl steht in voller Blüah. Aber de Leut, de was im Büro van Theaterdirekta z’Linz banand huckan, de sehgn nix davan. Es san de Mitglieder van landestheaterlichn Programmausschuss.
„Ich habe Sie hergebeten, weil wir eine wichtige Sache zu besprechen haben“, fangt der Direkta sei Red an. „Ich möchte nächstes Jahr etwas Großes herausbringen und will dazu Ihre Meinung und Ihre Vorschläge hören. Ich denke dabei an einen Knüller, einen echten Publikumsmagneten – an Verdi’s Oper „Aida“.“ – A Gmurmlad hebt an, aus dem ma, wann ma richti hinhört, Begeisterung außahört, aber ah an hauptguatn Respekt, wann net sogar a weng a Angst vor der riesign Aufgab.
„Ich weiß wohl, dass dieses Ziel eine große Herausforderung bedeutet, aber wir verfügen derzeit über ein gutes Ensemble, das dieser Aufgabe durchaus gerecht werden kann – und ich möchte mich ihr stellen! Natürlich müssen wir entsprechende umfangreiche Vorbereitungen treffen. Wir brauchen zusätzliche Kostüme zu unserem derzeitigen Theaterfundus, wir müssen wahrscheinlich unser Orchester verstärken, und – was mir einige Sorgen bereitet – wir brauchen mindestens achtzig bis hundert Statisten als Kriegsvolk.“
Wia länger de Sitzung dauert, wia mehr lasst si dakenna, dass der Direkta seine Leut echt mitreißt und va sein Plan überzeugt.
„Herr Direktor!“, sagt af oamal der zweite Reschissär, „Ihre Sorgen wegen der Statisten kann ich, glaube ich, zerstreuen. Es gibt in Ebelsberg eine Gendarmerieschule und die Leute dort sind militant bestens ausgebildet. Wenn wir die als Statisten gewinnen könnten, bliebe uns gewiss auch eine langwierige Einschulung in die Materie erspart!“
„Das ist eine prächtige Idee!“ zoagt si der Direkta begeistert. „Ich werde gleich morgen Kontakt mit dem Kasernenkommando aufnehmen.“
Hiatzt meldn si nu a paar positive Stimmen za dem Projekt – und de Sach is bschlossn. Der Kasernkommadant hat nix dagegn, natürli unter der Bedingung, dass seine angehadn Schan-darm freiwilli mittoan. „Zwang gibt’s koan!“, hat er gsagt. – Aber es meldn si eh olle gern. Und gnua kemman zsamm, weil es is ja schliaßli a Ehr, wann ma ba so was mittoan kann. Se san sogar einverstandn, dass s’ koa Geld für eahna Arbat kriagn. Aber Freikartn für andere Aufführunga tragts eahn scho. Schaut grad so aus, wia wann’s damals ah scho so Sparmaßnahma gebm hätt, wia s’ heuntzutags übli san.
Hiatzt gehngan se’s halt an, und es vafliagn ettla Monat mit de umfangreichn Vorbereitunga, de was halt oanfach notwendi han. Hat ah was Guats, weil wieder hübsch a Leut a Arbat ham, bis olls ferti is, was s’ brauchan.
Af oamal is’s so weit – de erste Vorstellung steht i’s Haus! Olls is gspannt und frei a weng nervös, ob do ollsand guat gehn wird. Aber de Angst löst si God-sei-Dank nu während der Vorstellung in Wohlgfalln auf. Guat geht’s und de Premiere is a riesiger Erfolg!   
Da Lechner Franz hat si ah za de Statistn gmeldt ghabt. Za de Bognschützn is er kemma. Nach zirka fünfazwoanzg Vorstellunga red n da Reschissär an: „Wie ist Ihr Name?“
>Oha!< denkt si der Franz. >I wiar do koan Bledsinn gmacht habm? Jednfalls kann i mi an koan erinnern!“< …“I bi der Lechner Franz“, beantwort’t er de Frag van Reschissär.
„Herr Lechner, ich habe Sie beobachtet. Sie machen eine gute Figur! – Nun ist uns der Hauptmann der Bogenschützen krankheitshalber ausgefallen. Trauen Sie sich zu, diesen Part ad hoc zu übernehmen?“ Der Franz denkt kurz nach: „Ja freili“, sagt er, „I bi ja scho lang gnua dabei und woaß wia’s geht! I wiar Ihna net enttäuschn!“ So wird der Franz  stolzer Hauptmann va dera Truppm, ohne dass er a Wort af der Bühne redn muaß. Er hat aber ah de richtige Figur und ’s Auftretn dazua. Wia-r-er ’s erste Mal als Hauptmann eingsetzt wird, passt er auf wia-r-a Haftlmacha, dass er ja sein Einsatz net vasamt. Genau ban richtign Takt van Triumphmarsch maschiert er stramm af d Bühne. Ganz alloan! Mittn af der Bühne bleibt er stehn,  macht a  Halbwendung zan Kini und sein Hofstaat hi und reißt zackig sein ausgstrecktn rechtn schwertverlängertn Arm bis knapp übern Kopf zan Gruaß in d Höh, genau nach Reschie! Ettla Zuaschauer denkan si: >Fast a so, wia mir vor ettla Jahrn nu grüaßn ham  müaßn, aber ohne Schwert!<  Für seine Bognschützn is der Schwertgruaß gleichzeiti ’s Zoacha zan Einmarsch. Fesch maschiern s’ va oll zwoa Seitn af d Bühne eina, stelln sie spaliermaßi auf und nehman Haltung an. A prächtigs Bild! Und genau so machan’s de Schwerttrager und de Lanzntrager und nu a Gruppm, za de ma heunt Marketender sagert. Da rührt si was af der Bühne!
Da Franz verzöhlt des olls danah seine Verwandtn und Freund und sei Stolz klingt in seiner Erzöhlung mit. Des hat zur Folg, dass ba de näxtn Vorstöllunga a Menge Leut i’s Theater gehn, weil s’ narrisch neugieri san, wia der Franz tuat, wia-r-er si als Offizier macht af der Bühne – vor so vül Leut! Wia-r-er si macht af de Brettln, de was angebli d Welt bedeutn!